Im Kampf gegen Rassismus gibt es Fortschritte und Rückschritte gleichzeitig.
Wenn es in den letzten Jahren einen großen Sieg im Kampf gegen die Rassendiskriminierung gab, dann sicher die Abschaffung der Apartheid in Südafrika 1994. An manchen Orten kam es mit der Eskalation ethnischer Konflikte aber zu tragischen Rückschritten. In Ruanda und im Balkan riefen PolitikerInnen zum Angriff auf Angehörige anderer ethnischer Gruppen auf, und ethnische Konflikte sind bei den Kriegen in Zentralafrika und anderswo an der Tagesordnung.
Immerhin konnte erreicht werden, dass Rassendiskriminierung und Aufstachelung zum Rassenhass in vielen Teilen der Welt verboten wurden. Etwa 155 Länder haben die Internationale Konvention über die Beseitigung aller Formen der Rassendiskriminierung ratifiziert, wenn es auch 2001 bei der Weltkonferenz gegen Rassismus im südafrikanischen Durban nicht gelang, eine gemeinsame antirassistische Front zu bilden.
Rassismus existiert in den meisten Ländern und in den meisten Bereichen – ob im Recht, im Schulwesen, in der Arbeitswelt, im Gesundheitswesen oder in der Politik. Institutioneller Rassismus prägt Erziehungssysteme, Rechtsordnungen und den Strafvollzug in allen Kontinenten.
2002 beklagte die UNO Übergriffe der Polizei in den USA gegen Angehörige von Minderheiten und AusländerInnen und deren unverhältnismäßig hohen Anteil an den Gefangenen. In Großbritannien wurde die Strafverfolgung bei Morden an Schwarzen und AsiatInnen durch institutioneller Rassismus innerhalb der Sicherheitskräfte behindert. In der kanadischen Provinz Ontario etwa werden Schwarze 27mal häufiger in Untersuchungshaft genommen als Weiße.
Im Gesundheitsbereich lässt sich die Rassendiskriminierung bereits früh erkennen: Die Kindersterblichkeit unter AfroamerikanerInnen ist in den USA zweieinhalb mal so hoch wie unter Weißen. In Australien liegt die Lebenserwartung von Aborigines um 20 Jahre unter der von Weißen.
Im Erziehungssystem zeigt sich ein differenziertes Bild. Während etwa asiatische Mädchen in Großbritannien bemerkenswerte akademische Erfolge erzielen, verlassen heute viele afrokaribische männliche Jugendliche die Schule ohne Abschluss. In Kanada, in den USA und in Indien sind Förderungsmaßnahmen für benachteiligte Gruppen mittlerweile die Regel, und in Australien und Neuseeland werden die Rechte von Aborigines und Maori zunehmend anerkannt. In den USA haben zwar Förderungsmaßnahmen und Quotenregelungen dazu geführt, dass es viel mehr graduierte AfroamerikanerInnen gibt. Letztlich verdienen sie jedoch weit weniger als ihre weißen KollegInnen.
Eine proportionale Vertretung von Minderheiten im politischen System ist selten. In Lateinamerika beispielsweise wird die politische Bühne von einer weißen Minderheit beherrscht. Immerhin nahm mit dem Wahlsieg Lulas in Brasilien 2002 die Zahl der nicht-weißen Parlamentsabgeordneten zu.
Rassismus gegen AsylwerberInnen nimmt in vielen reichen Ländern zu. Innerhalb von 18 Monaten starben 742 Flüchtlinge, vor allem aus Afrika, beim Versuch, die militarisierten Grenzen der EU zu überqueren. Die meisten rassistischen Übergriffe gegen MigrantInnen werden nicht registriert.
Nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 kam es zu einer Welle rassistischer Übergriffe gegen MuslimInnen, Sikhs und Menschen mit nahöstlicher oder südasiatischer Herkunft. Im November 2001 wurden in den USA 1.000 solcher Übergriffe registriert. Neue Anti-Terror-Maßnahmen in den USA, Großbritannien und anderswo haben zu einer Aufweichung der Schutzmaßnahmen gegen willkürliche Festnahmen geführt und bedrohen die Rechte von AsylwerberInnen und MigrantInnen. Auch der Antisemitismus ist am Zunehmen, sowohl in Europa als auch in Ländern mit muslimischer Mehrheit.
copyright New Internationalist
Quellen: Bericht über die menschliche Entwicklung 2000 und 2003 (UNDP); Human Rights Watch 2002